Unser Universum und das Leben darin erscheint einem oft wie ein einziges Wunder. Einem dieser Wunder haben wir unsere Existenz zu verdanken. Dem Wasser!
Was wäre der Mensch ohne Wasser? Was wäre die Erde ohne Wasser?
Menschen waren von Wasser schon immer fasziniert, manche von ihnen ließen sich sogar davon inspirieren. Leonardo da Vinci beispielsweise erforschte sein Leben lang die Natur des Wassers. Er Studierte seine Bewegungen, seine Eigenschaften und entdeckte als erster die Kugelform eines Wassertropfens und somit die Oberflächenspannung. Seine Beobachtungen führten sogar zu weitreichenden und gefährlichen Thesen. Anhand der abgerundeten Steine in einem Fluss und die Dauer, die es braucht um einem spitzen Stein diese Form zu geben, folgerte er, dass die Erde viel älter sein muss, als die von der Kirche behaupteten 6000 Jahre.
Der menschliche Körper besteht zu über 70% aus Wasser. Bei einem durchschnittlichen Tageskonsum von 2 Litern werden in 80 Jahren über 58.000 Liter Wasser getrunken. Unsere Existenz ist also maßgeblich vom Wasser abhängig.
70,7% der Erdoberfläche ist Wasser. Von allen Wasservorkommen sind 97% Salzwasser und nur 3% das für Menschen lebensnotwendige Süßwasser. Von diesen 3% wiederum sind nur rund 30% Grundwasser, der Rest ist an den Eiskappen und Gletschern gebunden.
Wasser weist Eigenschaften auf, welche es von den meisten anderen chemischen Verbindungen gravierend unterscheidet. Man spricht hier von Anomalien und diese sind es, die Wasser chemisch gesehen besonders machen und für das Leben Elementar sind.
Wasser ist das beste Lösungsmittel. Es löst vor allem Salze, aber auch andere Stoffe hervorragend. Säuren, Basen und viele andere Stoffe entfalten ihre volle Kraft erst, wenn sie in Wasser gelöst, also von Wassermolekülen umgeben sind. Demzufolge laufen viele chemische Reaktionen entweder ausschließlich in Wasser, oder in Wasser besonders gut ab. Es ist nicht verwunderlich, dass das Leben auf der Erde vor 3,5 bis 4 Milliarden Jahren im Wasser begann. Alle uns bekannten chemischen Reaktionen in Lebewesen laufen in einer wässrigen Umgebung ab. Wasser ist somit der Raum für diese chemischen Reaktionen.
Da Wasser so ein gutes Lösungsmittel ist, kommt reinstes Wasser auf der Welt nicht vor. Irgendetwas ist immer in Wasser gelöst – und seien es nur wenige Ionen.
Reines Wasser ist geschmack- und geruchlos. Was wir schmecken, wenn wir Mineralwasser trinken, sind die in Wasser gelösten Stoffe.
Wasser gefriert bei Temperaturen unter 0°C, beginnt ab 100°C zu kochen und ist dazwischen flüssig. Bei den meisten Stoffen ist es so, dass ihre Dichte mit sinkender Temperatur zunimmt. Wasser hat aber seine höchste Dichte bei knapp 4°C. Sobald das Wasser weiter abkühlt, dehnt es sich wieder aus und verliert somit an Dichte. Deshalb schwimmt Eis oben auf. Wäre das nicht so, würde es zu Boden sinken und das Leben unter sich zerstören.
Da Wasser bei 1°C und 7°C dieselbe Ausdehnung hat, ist es als Anzeige in Thermometern ungeeignet.
Wenn man es mit ähnlichen Verbindungen vergleicht, stellt man fest, dass es bei Raumtemperatur eigentlich nicht flüssig, sondern gasförmig sein müsste. Kohlenstoffdioxid (CO2) besteht ebenfalls aus drei Atomen, ist mit 44 g/Mol deutlich schwerer und im Gegensatz zu Wasser bei Raumtemperatur gasförmig.
U. A. dem Wasser haben wir auch zu verdanken, dass wir auf der Erde so konstante Temperaturen haben. Das Wasser speichert tagsüber die Wärme der Sonne und gibt sie in der Nacht wieder ab. Auf unserem Trabanten, dem Mond, sieht das schon anders aus. Hier herrschen am Tag Temperaturen von 100°C und in der Nacht -150°C.
Um zumindest die für uns relevanten Eigenschaften von Wasser zu verstehen, müssen wir das Wassermolekül genauer anschauen. Wasser ist H2O. Es besteht aus zwei Wasserstoff- und einem Sauerstoffatom. Wasser entsteht durch die Reaktion von Wasserstoffgas und Sauerstoffgas:
2H2 + O2 → 2H2O
Durch den Einsatz von Elektroden lässt sich dieser Prozess auch umkehren. Wasser zersetzt sich dann in Wasserstoff und Sauerstoff. (Hofmannscher Wasserzersetzungsapparat)
Die Ursache für viele der genannten Eigenschaften ist nicht in der Summenformel (H2O), sondern in seiner Geometrie zu suchen.
Schauen wir uns zunächst das CO2 an. In dieser Verbindung liegt das Kohlestoffatom in der Mitte. Die zwei Sauerstoffatome nehmen den am weitesten entfernten Platz zueinander ein. Diesen Zustand nehmen die meisten Moleküle ein, bei Wasser ist es aber anders. Die beiden Wasserstoffatome liegen nicht links und rechts neben dem Sauerstoffatom, sondern eher seitlich und oben. Der Winkel beträgt somit nicht 180° sondern genau 104,45°. Der jeweilige Abstand der beiden Wasserstoffatome zum Sauerstoff ist dabei gleich (95,84pm).
Was auf den ersten Blick relativ banal und unwichtig wirkt, ändert alles. Durch die besondere Anordnung der Atome entwickelt H2O nach Außen Teilladungen. Als Ganzes ist es zwar neutral, aber Wasser hat dadurch eine positive und eine negativ geladene Seite. In so einem Fall spricht man von einem „Dipol“. Der positive Pol zieht negativ geladene Teilchen und der negativ geladene Pol positiv geladene Teilchen an. Das mag Sie vielleicht immer noch nicht zu Luftsprüngen verleiten, aber: Durch diese Eigenschaft zieht Wasser auch Wasser an!
Chemisch gesehen gibt es zwischen zwei Wassermolekülen keinen Unterschied. H2O ist H2O. Durch den Dipolcharakter kommt es aber zu einer bestimmten Anordnung. Die positive Seite von H2O wird an die negativ geladene Seite angezogen, und umgekehrt.
Wasser hat eine molare Masse von rund 18 g/Mol. Das bedeutet, dass in 18 ml Wasser 6,022·1023 Wassermoleküle enthalten sind. Diese Wassermoleküle ordnen sich gemäß ihrer Dipoleigenschaft zu einem gigantischen Netzwerk an, indem sich die gleichen Ladungen abstoßen und ungleiche Ladungen anziehen. Dies wird auch Wasserstoffbrückenbindung genannt.
Durch die Dipoleigenschaft werden Salze hervorragend in Wasser gelöst. Holen wir hierzu unser geliebtes NaCl aus der Kiste. Geben wir es in Wasser, können wir dabei zusehen, wie es sich darin auflöst und die Salzkristalle zusehends verschwinden. Auf molekularer Ebene passiert folgendes: Natrium und Chlorid sind Kation und Anion. In der Verbindung NaCl ist das Natrium positiv und das Chlorid negativ geladen. Die Dipole des Wassers lagern sich nun entsprechend an die Ionen an. Das Natrium-Kation hier im Bild wird von der negativ geladenen Seite des Wassers umhüllt. Diesen Vorgang nennt man auch Hydratation. Beim Chlorid-Anion passiert es umgekehrt, es wird von der positiv geladenen Seite des H2O-Moleküls umgeben. Natrium und Chlorid werden jeweils von einer Hydrathülle umgeben. Diese Trennung von Molekülen wird auch Dissoziation genannt.
Stoffe, die entsprechend mit Wasser wechselwirken, nennt man auch Hydrophile Stoffe. Das Gegenteil davon sind Hydrophobe Stoffe. In diesen Fällen zieht sich Wasser zusammen, man nennt diesen Effekt an Oberflächen Entnetzung. Dies kennt jeder, der Regentropfen auf einer Fensterscheibe beobachtet.
In vielen Bereichen der Metallbeschichtung ist dies ein wichtiger Charakter. Wenn zum Beispiel Stahlteile galvanisch verzinkt werden sollen, muss die Oberfläche frei von Fetten, Schmutzpartikeln, Ölen und Oxiden sein. Ist sie das nicht, entnetzt die Oberfläche und es kommt zu Störungen bei der Beschichtung. Eine ideale Vorbehandlung führt zu einer perfekten Benetzung der Oberfläche mit Wasser. Die Benetzbarkeit der Metalloberfläche ist ein Indikator für dessen Reinheit.
Die Wasserstoffbrücken haben weitreichende Folgen, nicht nur für Salze. Sie führen zur Mischbarkeit von kurzkettigen Alkoholen mit Wasser, zur guten Löslichkeit von Gasen, zum erhöhten Siede- und Schmelzpunkten vieler Verbindungen und haben auch auf die Biologie enormen Einfluss. Bei der Stabilisierung von Proteinen, bei der RNA und bei der DNA haben die Dipole des Wassers entscheidenden Anteil.
Eine erstaunliche Eigenschaft ist, dass Wasser, wenn auch zu einem geringen Anteil, selbst in Wasser dissoziiert.
2H2O → H3O+ + OH-
Diese, wenn auch geringe, Dissoziation hat zur Folge, dass auch reines Wasser bei pH 7 eine geringe Leitfähigkeit aufweist. Es leitet auch in diesem Zustand zu einem geringen Anteil den elektrischen Strom.
Sobald sich Fremdionen im Wasser befinden, steigt mit zunehmender Konzentration auch die Leitfähigkeit des Wassers an. Die Inonenwanderung im elektrischen Feld nennt man Migration. Auf die Migration gehen wir genauer ein, sobald wir das Thema „Elektrolyse“ ausführlich behandeln. Dann werde ich auch darüber sprechen, warum die Leitfähigkeit von Flüssigkeiten ab einer bestimmten Konzentration wieder abnimmt.
Wasser leitet den Strom immer dann besonders gut, wenn man Säuren oder Laugen hinzu gibt. Säuren zeichnen sich durch freie Protonen aus (H+), Laugen, oder auch Basen genannt, durch OH- Anionen (Hydroxid-Ion). Diese Ionen fügen sich perfekt in die Wassermatrix ein. Die gute Leitfähigkeit wird dadurch erzielt, dass nicht das hydratisierte Ion wandern muss, sondern die Ladung selbst dank der Wasserstoffbrückenbindung weitergegeben wird. Dieser Effekt wird auch Grotthuß-Mechanismus genannt. Jahrelang ging man davon aus, dass dieser Effekt auf einen quantenmechanischen Tunneleffekt beruhe. Mittlerweile weiß man, dass der quantenmechanische Effekt bei diesem Vorgang aber relativ gering ist. Warum diese Bindungen umklappen und die Ladung damit schnell weitergegeben wird, ist bisher nicht vollständig geklärt.
Obwohl man einige Eigenschaften des Wassers wissenschaftlich erklären kann, gibt es vieles, was unklar ist. Erhitztes Wasser gefriert beispielsweise unter bestimmten Bedingungen schneller als Wasser bei Raumtemperatur. Der nach seinem Wiederentdecker genannte „Mpemba-Effekt“ ist bereits seit den Zeiten von Aristoteles bekannt, bis heute aber noch nicht völlig entschlüsselt. Besonders erstaunlich ist, dass der Effekt bei immer gleichen Bedingungen nur zu rund 30% auftritt.
Das nasse Element soll auch Informationen seiner Umgebung speichern können, wie mehrere Teams von Wissenschaftlern unabhängig voneinander nachweisen konnten. Es kann unter bestimmten Bedingungen Brücken über ein paar Zentimeter bauen, um sich mit anderem Wasser zu verbinden. Es hat manchmal den Anschein, als wäre es nicht nur der Raum für das Lebendige, sondern das Lebendige selbst. Seit Jahren laufen weltweit Untersuchungen, wie Informationen an das Wasser abgegeben werden können und wie sich elektromagnetische Strahlung, auf die Informationsaufnahme auswirkt. Mit der Wasserstoffbrückenbindung kann man einiges, aber nicht alles erklären. Es wird Generationen dauern, bis wir die wahre Natur des Wassers erforscht und verstanden haben. Ob dies mit rein wissenschaftlichen Methoden überhaupt möglich ist, steht auf einem anderen Blatt. Schließlich wissen wir aus der gelebten Erfahrung heraus, dass die Realität nur ein kleiner Teil der Wirklichkeit ist. Aber dies soll das Thema einer anderen Folge sein.
In den nächsten beiden Folgen geht es um chemische Verbindungen. Zunächst schauen wir uns Säuren und Basen an, anschließend geht es um Salze und Komplexe.
Musik: Evan King - Guardians
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Ok, vielleicht kommt es ja noch, aber falls nicht:
Kannst Du kurz erklären warum die beiden Wasser Atome den Winkel einnehmen?
Und die Dissoziation von Salz in Wasser wird vermutlich geschehen weil sie energetisch günstiger ist, gibt es für die freiwerdene Energie eine schnelle Erklärung?
Ach ja... es ist sehr gut, dass Du die Dissoziation noch einmal thematisierst. Im nächsten Video habe ich überlegt, es noch einmal aufzugreifen (Säuren und Laugen dissoziieren ja auch in Wasser) und wenn das noch nicht so klar war, kann ich darauf etwas mehr eingehen. Also kurz: Danke für das Feedback! :D
Ja, der Winkel wird tatsächlich besser erklärt, sobald es um das Orbitalmodell geht. Ich wollte an der Stelle nicht schon wieder, wie in den letzten Videos, darauf verweisen.
Die Dissotiation hingegen wird erklärt. Die ungleichen Ladungen der Ionen bzw. des Dipols Wasser ziehen sich an. Der Sauerstoff-Teil des Wassers zieht Kationen, der Wasserstoff-Teil Anionen an. Auf zwei Bildern im Video ist das zu sehen. Leider konnte ich keine freie Animation dazu finden und das beste Programm für solche Sachen, nämlich After Effects, habe ich leider nicht. :-(
Okay, Blender würde auch gehen, aber der Aufwand wäre für mich hier riesig. ;)
Ja, die "Umhüllung" der Kationen und Anionen ist grafisch gut dargestellt!
Meine Frage kommt daher, dass soweit ich es verstehe sowohl Wasser als auch NaCl alleine stabil (aka faul) sind, und damit muss es doch einen Vorteil geben sich anders auszurichten, oder? Ich kenne NaCl und H2O nicht so im Detail, sind die Ladungen ggf. nicht ausgeglichen? Oder anders formuliert welchen Vorteil hat Na+ sich anstatt mit dem Cl- mit den negativen Seiten des Wassers zusammen zu tun?
Ich werfe mal zwei Begriffe in den Raum: Dissoziationsgrad und Löslichkeit. Nicht alle Stoffe, die sich in Wasser lösen, lösen sich vollständig. Mein Lieblingsbeispiel ist hier Silberchlorid (AgCl), das sich kaum löst. Säuren beispielsweise werden grob in starke und schwache Säuren unterteilt. Die "Stärke" hängt vom Dissoziationsgrad ab. Im Wasser-Video (11:42min) wird das bei Säuren kurz gezeigt. Man sieht hier beispielsweise, dass bei mehrprotonigen Säuren (wie Schwefelsäure - H2SO4) in der ersten Stufe (nur die wird im Bild gezeigt) erst einmal ein Proton abgegeben wird.
H2SO4 -> H+ + HSO4-
Bei starken Säuren läuft diese Dissoziation zu fast 100% ab, bei schwächeren Säuren geht das immer weiter runter.
Nun zum "warum". Vereinfacht gesagt geht es um Bindungskräfte. Je besser die Löslichkeit im Wasser, umso schwächer die Bindung. NaCl ist, im Vergleich zu AgCl, relativ schwach. Diese Kraft wird von den Wasser-Dipolen überwunden. Bildlich kann man sich das wie unterschiedliche Magnete vorstellen. Wenn Du zwei schwache Magnete hast, kannst Du diese leichter trennen als zwei starke Magnete.
Irgendwann ist aber auch jede Lösung gesättigt (das Thema kommt später noch). Das heißt: Man kann nicht unendlich viel Salz in Wasser lösen.
Btw: Bei der Verdünnung von Schwefelsäure merkt man dann auch, wie viel Energie da freiwerden kann. Bei Schwefelsäure ist das extrem gefährlich. Wenn man zu schnell verdünnt, kocht und spritzt es sehr stark. Man nennt das eine exotherme Reaktion. Es gibt aber auch endotherme Reaktion. Hier kühlt es ab bzw. wird auch Wärme aus der Umgebung abgezogen.
Mehr dazu hier: https://de.wikipedia.org/wiki/Endotherme_Reaktion
Tolle Bilder. Verschiede Atome haben verschiedene Winkel, wie sie zu einander stehen?
Fürs erste kann man das so sagen. Das Thema wird aber bei den chemischen Bindungen und dem Orbitalmodell vertieft. Bei den Bindungen geht es ja immer um die Valenzelektronen, manchmal fällt auch der Begriff "Bindungsarme". In Bezug auf den Winkel ist das insofern interessant, dass man sich vorstellen kann, das bestimmte Arme in einem bestimmten Winkel stehen. Chemisch gesehen ist das zwar nicht ganz richtig, aber so hat man bis zum Orbitalmodell wenigstens ein Bild im Kopf. :D
Frage in einer Wirtschaft: Wuist a Wasser?
Antwort: Ich will mich nicht waschen ich will was trinken!
Sorry für den unqualifizierten Kommentar, aber der musste raus :) (und ich bestelle meist alkoholfrei ...)