Wenn ich auf die letzten Jahre zurückblicke, gab es keinen einzigen Herrentag, an dem ich mich dazu durchringen konnte, mich den anderen Kerlen anzuschließen und mit einem Handkarren voller Alkohol durch die Dörfer zu ziehen, um bereits um 10 Uhr einen Pegel zu erreichen, den ich den restlichen Tag versuche zu halten. Mir persönlich ist das zu anstrengend, und Spaß habe ich daran auch nicht. Stattdessen haben meine Freunde und ich beschlossen, dieses Jahr die durch Corona unterbrochene Tradition wieder aufleben zu lassen: einmal im Jahr in eine größere ausländische Stadt zu fahren und eine tolle Zeit zu haben. Dieses Jahr haben wir uns Breslau vorgenommen, eine Stadt, die auf verschiedenen JGA-Websites empfohlen wird.
Lass mich dir Breslau beschreiben! Breslau, auch bekannt als Wrocław, ist eine faszinierende Stadt im Südwesten Polens. Mit ihrer reichen Geschichte, pulsierenden Kultur und beeindruckenden Architektur hat Breslau viel zu bieten. Die Stadt liegt am Ufer der Oder und ist die viertgrößte Stadt Polens. Ihre Ursprünge reichen bis ins 10. Jahrhundert zurück, und im Laufe der Jahrhunderte hat sie zahlreiche Einflüsse erfahren, was zu einer einzigartigen Mischung aus Kulturen und Traditionen geführt hat. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Breslau umfangreich wiederaufgebaut und ist heute ein lebendiges Zentrum für Kunst, Musik und Bildung. Die Altstadt von Breslau ist ein UNESCO-Weltkulturerbe und beherbergt eine beeindruckende Sammlung gotischer und barocker Gebäude. Die Stadt ist auch für ihre vielen Brücken bekannt, die über die zahlreichen Kanäle und Flüsse führen und ihr den Spitznamen "Venedig Polens" eingebracht haben. Breslau hat eine lebhafte Studentenpopulation, die der Stadt eine jugendliche und dynamische Atmosphäre verleiht. Mit einer Vielzahl von Museen, Theatern, Restaurants und Parks gibt es in Breslau immer etwas Neues zu entdecken. Die Stadt ist ein wahrer Schatz in Polen und zieht jedes Jahr Tausende von Besuchern aus aller Welt an.
Also machten wir uns am Morgen mit dem Auto auf den Weg. Von Berlin sind es knapp 350 km und sollten etwa 5 Stunden dauern. Zu fünft haben wir uns also in einen Octavia gezwängt und sind losgefahren. Das Grenzgebiet Polens ist mir sehr vertraut, denn damals bin ich immer wieder die 60 km zurückgefahren, um mich mit Benzin und Zigaretten einzudecken. Heute mache ich das nicht mehr, aber die Bilder von verlassenen und zerfallenen Häusern haben sich eingebrannt. Auch die Märkte in Stahlgaragen, auf denen man Zigaretten, Raubkopien, verschiedene Waffen und gefälschte Markenartikel bekommt, haben sich kaum verändert. Natürlich haben diese Märkte nicht mehr die Bedeutung, die sie in den 90er Jahren hatten.
Heute beschränkt sich der verbleibende Anteil der Marktbesucher hauptsächlich auf Zigaretten, Benzin und möglicherweise etwas zu essen. Ich glaube, dass die meisten Menschen heutzutage eher polnische Bau- und Supermärkte besuchen. Nach unserem ersten kurzen Stopp hinter der Grenze und einem kleinen Frühstück ging es weiter ins Landesinnere. Nach etwa 4 Stunden erreichten wir schließlich Breslau. Als Unterkunft hatten wir eine Airbnb-Wohnung mit 5 Zimmern. Sie war zweckmäßig, gepflegt und hatte einen direkten Blick auf das Zentrum. Die perfekte Lage für eine Unterkunft.
Wir warfen nur noch das Auto ab und machten bereits die erste wirklich positive Erfahrung. Natürlich mussten wir Parkgebühren bezahlen, jedoch waren diese im Vergleich zu Berlin lächerlich. Bei einem Umrechnungskurs von 1 Zloty zu 0,22€ kostete das Parken etwa 1€ pro Stunde. In Berlin zahle ich mindestens 3€, und das gilt in den meisten Zonen bis 24 Uhr. Wir stellten das Auto ab, brachten unsere Sachen auf die Zimmer und machten uns auf ins Zentrum. Und hier kam die nächste Überraschung: Die Stadt (insbesondere rund um das Zentrum) war wunderschön und sauber. So sauber, dass ich niemals auch nur daran gedacht hätte, meine Zigarette leichtfertig irgendwo hinzuwerfen. Die ganze Stadt wirkte den ganzen Tag und Abend über absolut entspannt. Und gegen Abend erwischte ich mich dabei, dass ich mir durchaus vorstellen könnte, Berlin für einige Monate den Rücken zu kehren und in dieser Zeit hier zu leben. Natürlich war auch hier am Abend das Partyvolk unterwegs, und sicherlich habe ich auch die ein oder andere Männergruppe gesehen, die hier ihren Junggesellenabschied verbracht hat.
Aber im direkten Vergleich zu Prag hatte ich niemals das Gefühl, dass es ähnlich aggressiv oder hektisch wirkte. Und natürlich ist es auch preislich sehr attraktiv hier. Selbst in den Clubs und Restaurants kann man sehr gut essen und trinken, und das sogar im Zentrum zu einem erschwinglichen Preis. Ein Bier in den Clubs kostet etwa 2,40€, und für das umfangreiche Frühstück habe ich insgesamt knapp 18€ bezahlt. Ein vollwertiges typisch polnisches Gericht haben wir für etwa 5,50€ bekommen.
Abschließend muss ich erwähnen, dass dieser eine Tag mich so überrascht hat, dass ich auf jeden Fall wiederkommen werde. Und da die Fahrtzeit ähnlich lang ist wie die nach Prag, werde ich Breslau wohl immer den Vorrang geben. Übrigens wird ab Juni auch die Kulturbahn vom Bahnhof Lichtenberg wieder reaktiviert. Dann kann man das Zentrum von Breslau in 4,5 Stunden direkt erreichen!